geschichte

Kanonenkugel in Ober-Ramstadt gefunden


„Letzte Woche hatte ich einen außergewöhnlichen Termin. Es hieß, jemand möchte mir eine Kanonenkugel überreichen! Als ich die Nachricht erhielt, konnte ich zunächst nichts damit anfangen“ erzählt Bürgermeister Tobias Silbereis. 

Die Nachricht kam von Gerhard Roese aus Ober-Ramstadt, der bei Aufräumarbeiten auf seinem Grundstück eine rund 400 Jahre alte Kanonenkugel fand.

Der gebürtige Darmstädter, der in Stuttgart und in Worms aufwuchs, ist Bildhauer, Kunsthistoriker und Architektur-Modellbauer von Beruf. Roese ist bekannt für seine Skulpturen, Portraitbüsten und Architekturmodelle im Metallgussverfahren.

„Die kleine ca. 350 Gramm schwere eiserne Kanonenkugel mit einem Kaliber von ca. 45 mm gehörte zu einem kleinen Geschütz, dessen Lauf entweder aus Bronze oder Gusseisen war. Kleine Geschütze dienten zum Beispiel für kleinstädtische Verteidigungssituationen und waren sehr effektiv“ berichtet Herr Roese.

Künstler Gerhard Roese überreicht Bürgermeister Silbereis die Kanonenkugel (Bild: Stadt Ober-Ramstadt)

Woher stammt die Kanonenkugel?

Interessant ist der Ort des Fundes, der bekannte „Schießberg“ in Ober-Ramstadt. Dieser wurde von 1816 bis 1830 bebaut, vor dieser Zeit wurden hier tatsächlich Schießübungen abgehalten, da, wie Herr Roese ausführt, ein Hügel ein gutes Schussfeld bietet und ein geeigneter Ort ist, um sich gegen anrückende Feinde zu verteidigen. Das Alter der Kugel bedeutet, dass sie sehr wahrscheinlich aus der Zeit des 30jährigen Krieges stammt.

1622 drangen die Söldner des Grafen Ernst von Mansfeld in Ober-Ramstadt ein und plünderten und misshandelten die Einwohner. Durchziehende Truppen mordeten und brandschatzten auch in den Folgejahren in Ober-Ramstadt und brachten zudem die Pest in den Ort, ein Großteil der Bevölkerung wurde hingerafft; 1650 betrug die Zahl der Einwohner nur noch 63. Allerdings ist es unwahrscheinlich, dass die Kugel zu Verteidigungszwecken während des Krieges eingesetzt wurde, sie wäre dann zersplittert, eher wird sie bei Schießübungen verlorengegangen sein.